Der wohl am häufigsten genannte Grund für einen Freiwilligendienst ist, dass jemand „helfen“ oder „etwas Gutes tun“ möchte. Das klingt zunächst nach einem edlen Motiv für einen Freiwilligendienst, häufig wird dabei jedoch übersehen, welche Vorurteile über den Globalen Süden hierbei mitschwingen. In weniger „entwickelten“ Teilen der Welt sei die Hilfe von Freiwilligen aus dem Globalen Norden notwendig, um die gewünschte „Entwicklung“ voranzutreiben. Der Gedanke einer sogenannten Entwicklung ist zu großen Teilen eine koloniale Idee: Menschen in anderen Weltregionen sollen sich an einem vermeintlich entwickelten, modernen und zivilisierten Europa orientieren. Seit dem Beginn der Kolonialzeit wird aber die Idee der Missionierung, der Hilfe und der Entwicklung von europäischen Mächten nur vorgetäuscht, um die extreme Gewalt und Ausbeutung des Kolonialismus zu rechtfertigen. Angesichts der fortschreitenden Ausbeutung des Globalen Südens bekommt das Wort „helfen“ einen komischen Beigeschmack. Wie vermessen dieses Argument der Hilfe ist, wird vielleicht für manche noch deutlicher, wenn die Parallele zum europäischen Ausland gezogen wird. Wenige Jugendliche würden auf die Idee kommen, einen Monat in Großbritannien zu leben, um den Menschen dort zu helfen und das Land voranzubringen. Oft wird das eigene Engagement auch bewusst oder unterbewusst als Beruhigung des eigenen schlechten Gewissens aufgrund der eigenen Privilegien angesehen.
Neben dieser Motivation für einen Freiwilligendienst, geht es vielen auch um das Erlernen einer Sprache und um Auslandserfahrung generell, die man für den optimalen Lebenslauf schon mal gemacht haben sollte. Der Lerneffekt sollte aber bei einem kurzen Aufenthalt im Gastland zumindest nicht überschätzt werden, denn besonders viele interkulturelle Erfahrungen macht man in vier Wochen in Kambodscha eher nicht. Meistens orientiert man sich in so kurzer Zeit noch mehr nach anderen Freiwilligen und verbringt die meiste Zeit in einer Gruppe, deren Mitglieder eine ähnlich privilegierte Stellung innehaben.